Bei der Materialauswahl für Brennstoffzellensysteme stehen neben den Auswahlfaktoren wie z.B. der mechanischen Tauglichkeit, Fertigbarkeit und Kosten auch die Materialtauglichkeit in Bezug auf Materialdegradation und Stoffeintrag im Fokus, welche zu einer Degradation des gesamten Systems führen können.
Hier wird ein Überblick zu Materialdegradation, Komponentenfunktionen und erforderliche Materialeigenschaften gegeben.
Medieneinflüsse auf ein Brennstoffzellensystem
Ein Brennstoffzellensystem besteht aus verschiedenen Komponenten, die mit den Medien Luft, Wasserstoff, Produktwasser und Kühlmittel in Kontakt stehen, wie Gehäuse, Leitungen, Dichtungen und Verbindungen aus Kunststoffen und Metallen. An diese Bauteile werden Materialanforderungen gestellt, die sich auf die Veränderung der Materialeigenschaften durch den Medienkontakt, Fremdkörpereintrag und Reaktionen mit den Medien beziehen. Im Folgenden werden diese Anforderungen beschrieben, die bei Fehlauslegung potenziell zu mechanischen, thermischen oder chemischen Schäden an Brennstoffzellenstapel und BoP-Komponenten (Balance-of-Plant) führen können.
Veränderung von Material- und Medieneigenschaften
Der Bauteilkontakt zu den Medien Wasserstoff, Luft, Kühlmittel und Produktwasser kann zu Veränderungen von Werkstoffeigenschaften oder auch Stoffeintrag in die Medien führen. Dieser Eintrag kann den Stapel oder BoP-Komponenten beschädigen.
Wasserstoffversprödung
Wasserstoff kann in atomarer Form in die Zwischengitterplätze von metallischen Werkstoffen in Bereiche mit hohen inneren Spannungen diffundieren. Gitterdefekte in Form von Leerstellen, Versetzungen oder Korngrenzen begünstigen Ansammlungen von H2-Atomen. In den mechanischen Eigenschaften macht sich die Versprödung als Duktilitätsabnahme bzw. Abnahme der Bruchfestigkeit besonders an vorhandenen Rissen (z.B. durch Wärmebehandlung oder Schweißvorgänge) bemerkbar, während elastische Eigenschaften, Streck- und Zuggrenze meist kaum verändert werden. Generell weisen hochfeste Legierungen eine größere Anfälligkeit für Versprödung auf. Die Materialeignung ist für den jeweiligen Anwendungsfall zu testen. Die genauen Versprödungsmechanismen sind aktueller Gegenstand der Forschung. [1]
Einflussfaktoren auf Versprödung [1]:
- Temperatur
- H2-Partialdruck
- Materialzusammensetzung
- Gitterstruktur
Veränderung magnetischer Eigenschaften
Innerhalb metallischer Werkstoffe diffundierter Wasserstoff kann durch Wasserstoffbrückenbindung und Volumenausdehnung zu einer Beeinflussung magnetischer Eigenschaften führen. Dies ist vor allem relevant für elektrische Antriebe wie zum Beispiel Gebläse, welche in Kontakt mit Wasserstoff kommen können. [2]
Ionenauswaschungen
Kühlmedium wird im Brennstoffzellenstapel durch die Bipolarplatten geführt und hat die Anforderung einer geringen Leitfähigkeit von idealerweise 5µS/cm, um einem Kurzschluss im Stapel vorzubeugen. Im Allgemeinen wird deionisiertes Wasser mit einem spezifischen Frostschutzmittel verwendet, um diese Anforderungen zu erfüllen. Dieses näherungsweise ladungsträgerfreie Medium kann Ionenauswaschungen aus mit dem Kühlmittel in Kontakt stehenden Komponenten wie beispielsweise Radiatoren, Pumpen, Kühlmittelbehälter, Leitungssystemen oder Dichtungen hervorrufen. Die Eignung unterschiedlicher Kunststoffe ist im Einzelfall zu prüfen. [3]
Für Spritzgusskomponenten erweisen sich beispielsweise die glasfaserverstärkten Polyamide A3WG10 CR (PA66 GF50) und A3EG7 EQ (PA66 GF35) als geeignet gegenüber Luft, Wasserstoff und Kühlmedium und erfüllen Anforderungen an chemischer, mechanischer und thermischer Beständigkeit. [4]
Wenn Sie den Bedarf haben, eine Materialtauglichkeit zu prüfen, wenden Sie sich gerne an das Zentrum für BrennstoffzellenTechnik (ZBT) GmbH.
Korrosion
Der Kontakt von metallischen Komponenten mit dem Kühlmedium oder flüssigen Produktwasser in den Subsystemen kann zu Materialdegradation in Form von Korrosion führen. Sowohl das näherungsweise ladungsträgerfreie Kühlmedium als auch das Produktwasser können Ionenaustrag aus Metallen hervorrufen und diese nachhaltig schädigen. Saure Eigenschaften des Produktwassers aufgrund von Ioneneintrag begünstigen korrosive Schädigungen.
Bei der Materialwahl kommen beispielsweise folgende korrosionsbeständige Edelstahllegierungen mit Molybdänanteil zur Säurebeständigkeit in Frage:
- 1.4404 – X2CrNiMo 17 12 2
- 1.4435 – X2CrNiMo 18 14 3
Alternativ eignet sich auch das vergleichsweise kostenintensive Material Titan aufgrund einer hohen Korrosionsbeständigkeit.
Ebenso können Stahl- und Aluminiumbauteile für eine entsprechende Korrosionsbeständigkeit beschichtet werden. Entsprechend geeignete Beschichtungsmaterialien sind Gegenstand der aktuellen Forschung. [5]
Katalysator- und Ionomerhemmung
Die Funktion des Ionomers, im genaueren die Polymerelektrolytmembran, in den Einzelzellen ist von den sogenannten funktionellen Gruppen (Sulfonsäure SO3-) abhängig, welche für die Protonenleitfähigkeit erforderlich sind. Wird die Membran Schadstoffen im Gasstrom ausgesetzt, können diese die funktionellen Gruppen belegen und die Protonenleitfähigkeit negativ beeinflussen.
Die Katalysatorschichten auf der Anoden- und Kathodenseite sind ebenso anfällig für eine Belegung des Katalysators mit Schadstoffen in Form von Adsorption und daraus folgender Hemmung der Reaktivität des Katalysators.
Schadstoffquellen können beispielsweise Luftschadstoffe, Korrosion an Komponenten mit Medienkontakt und Kunststoffauswaschungen sein. [6]
Kühlmittelzersetzung
Kühlmedien versetzt mit brennstoffzellenspezifischem Frostschutzmittel, können in der Form degradieren, dass sich das Kühlmedium zersetzt und organische Säuren bildet. Diese sind über Ionentauscher abzufangen. Degradationsmechanismen des Kühlmediums und Wechselintervalle für Ionentauscher sind Gegenstand der aktuellen Forschung. [3]
Montagehilfsstoffe
Die Verwendung von Montagehilfsstoffen in Form von Fetten und Öle können bei Medienkontakt zu einem Eintrag dieser Hilfsstoffe in die Medienströme führen. Im Stapel können diese Hilfsstoffe die porösen Gasdiffusionslagen blockieren und lokale Unterversorgungen hervorrufen. Abhängig von den Hilfsstoffbestandteilen können die Katalysatoren und funktionalen Gruppen in der Polymerelektrolytmembran belegt werden. Es ist eine entsprechende Abdichtung zur Verhinderung eines Eintrags in die Medienströme vorzusehen und dort, wo es möglich ist, auf einen Einsatz von Montagehilfsstoffen zu verzichten. Die Prüfung der Eignung spezifischer Montagehilfsstoffe ist Gegenstand der aktuellen Forschung.
Das Zentrum für BrennstoffzellenTechnik (ZBT) GmbH verfügt über entsprechende Test- und Prüfvorrichtung, um die Eignung spezifischer Stoffe zu prüfen.
Schmierstoffe
Schmierstoffe, welche beispielsweise in Verdichtern eingesetzt werden, um Reibung und Verschleiß bei bewegten Bauteilen zu minimieren, können in gleicher Weise wie Montagehilfsstoffe die Funktion eines Brennstoffzellensystems bei Eintrag in die Medienströme negativ beeinflussen. Aus diesem Grund ist eine Abdichtung zu gewährleisten und im Idealfall auf Schmierstoffe zu verzichten. Alternativ können Folien-, Gas– und magnetische Lager verwendet werden. [7]
| Direkte Schädigung der Komponente durch… | Indirekte Schädigung des Brennstoffzellenstapels durch… | |||||||||
|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|
| Wasserstoff- versprödung | Katalysator- und Ionomer- hemmung | Hygroskopie (Kunststoff) | Veränderung magn. Eigenschaften | Ionenaus- waschung | Eintrag Schmier- stoff | Eintrag Montage- hilfsstoff / Produktions- rückstände | Korrosion | Eintrag Verschleiß |
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| Stapel | Bipolarplatten | X | X | X | X | |||||
| Bipolarplatten- dichtungen | X | X | ||||||||
| Gasdiffusionslagen | X | X | ||||||||
| Mikroporöse-Lagen | x | X | ||||||||
| Polymerelektrolyt- membran | X | |||||||||
| Katalysatorschicht | x | x | ||||||||
| Subgasket | x | |||||||||
| Anode | Druckminderer | x | x | |||||||
| Wasserabscheider | x | X | x | x | x | x | ||||
| Rezirkulationsgebläse | x | X | x | x | x | x | x | x | ||
| Strahlpumpe (passiv) | x | x | x | x | ||||||
| Purge- & Drain-Ventil | x | x | x | x | x | x | x | |||
| Absperrventile | x | X | x | x | x | x | x | |||
| Kathode | Luftfilter | X | ||||||||
| Verdichter | x | x | X | |||||||
| Zwischenkühler | X | |||||||||
| Befeuchter | X | x | x | x | ||||||
| Absperrventile | X | x | x | x | ||||||
| Stapel-Bypass-Ventil | X | x | x | x | ||||||
| Wasserabscheider | x | |||||||||
| Expander | X | |||||||||
| Stapel Kühlkreislauf | Bypass-Ventil | x | x | x | ||||||
| Radiator | x | x | ||||||||
| Ionentauscher | x | x | ||||||||
| Ausgleichsbehälter | x | x | ||||||||
| Pumpe | x | x | x | x | x | x | ||||
| Komponenten Kühlkreislauf | Bypass-Ventil | x | ||||||||
| Radiator | ||||||||||
| Ausgleichsbehälter | x | |||||||||
| Pumpe | ||||||||||
Literatur
[1] A. Campari, F. Ustolin, A. Alvaro und N. Paltrinieri, „A review on hydrogen embrittlement and risk-based inspection of hydrogen technologies,“ International Journal of Hydrogen Energy, Jg. 48, Nr. 90, S. 35316–35346, 2023, doi: 10.1016/j.ijhydene.2023.05.293.
[2] L. Havela, „Hydrogen impact on magnetic properties of metallic systems,“ Journal of Alloys and Compounds, Jg. 895, S. 162721, 2022, doi: 10.1016/j.jallcom.2021.162721.
[3] S. Leininger, A. Wildermuth und M. Süß, „Ion Exchanger for Fuel Cell Coolant Loop: Optimization of Product Service Life,“ in 2024 Stuttgart International Symposium on Automotive and Engine Technology, A. Casal Kulzer, H.-C. Reuss und A. Wagner, Hg., 2024, S. 37–50, doi: 10.1007/978-3-658-45010-6_3.
[4] BASF Österreich GmbH. „Brennstoffzelle.“ Zugriff am: 17. Juni 2025. [Online.] Verfügbar: https://www.basf.com/at/de/products/plastics-rubber/fairs/basf—k-2019–empowering-the-future-together-/must-sees/brennstoffzelle
[5] H. E. Friedrich und G. Müller, Werkstoffe und Bauweisen in der Fahrzeugtechnik. Berlin, Heidelberg: Springer Berlin Heidelberg, 2024.
[6] E. Wallnöfer-Ogris, F. Poimer, R. Köll, M.-G. Macherhammer und A. Trattner, „Main degradation mechanisms of polymer electrolyte membrane fuel cell stacks – Mechanisms, influencing factors, consequences, and mitigation strategies,“ International Journal of Hydrogen Energy, Jg. 50, S. 1159–1182, 2024, doi: 10.1016/j.ijhydene.2023.06.215.
[7] B. Blunier und A. Miraoui, „Proton Exchange Membrane Fuel Cell Air Management in Automotive Applications,“ Journal of Fuel Cell Science and Technology, 2010.