Lernen Sie den Brennstoffzellen-Antriebsstrang mit einem interaktiven 3D-Modell besser kennen:

Wasserstoff-Tanksysteme

Tank- und Speichersysteme für wasserstoffbetriebene Fahrzeuge sind meist anwendungsspezifisch sowie abhängig vom Antrieb und der
gewählten Medienform. Für FCEVs (Fuel Cell Electric Vehicles) und Wasserstoffverbrennungsmotoren (H2-ICE), bei denen das Antriebssystem im Allgemeinen mit gasförmigem Wasserstoff versorgt wird, sind Druckgasspeicher aktuell der Industriestandard. Grundlegend existieren unterschiedliche Möglichkeiten Wasserstoff zu speichern. Zum Beispiel kann dieser in Tanks im gasförmigen (Druckspeicher) oder flüssigen (tiefkalte, kryogene Speicherung) Zustand mitgeführt, in Derivaten (z.B. Ammoniak) gespeichert, in Metallhydriden chemisch absorbiert oder an Adsorbentien (z.B. Aktivkohle) physikalisch gebunden werden. In diesem Factsheet wird die aktuell vorrangig eingesetzte Form der Druckgasspeicherung in Tanks für FCEVs dargestellt.

Speicherpositionierung:

Die Positionierung des Speichersystems hängt von der Art der Anwendung, den Sicherheitsanforderungen und dem individuell verfügbaren Bauraum ab. Genauso maßgeblich sind Faktoren wie Gewicht und Limitierungen von Fahrzeuglängen oder -breiten. Gerade bei kleineren Anwendungen, wie PKW, sind die Möglichkeiten zur Positionierung stark eingeschränkt. In der Mittelachse oder im Heckbereich bzw. dem Kofferraum können die Speicher platziert werden. Bei LKW müssen die Speicher im Chassis oder an der Fahrerkabine des Zugfahrzeugs montiert werden, während bei Bussen das Tanksystem meist auf dem Dach des Fahrzeugs positioniert werden kann.

Druckniveau:

Bei heutigen Fahrzeuganwendungen sind Druckniveaus von 35 MPa und 70 MPa typisch. Anwendungen mit geringerem Bauraum für das Speichersystem oder mit höheren Anforderungen an die Reichweite pro Befüllung setzen hierbei auf das höhere Druckniveau von 70 MPa. Dies ist vor allem bei Langstrecken-LKW und PKW der Fall. Da die Verdichtung des Wasserstoffs einen verfahrenstechnischen und energetischen Aufwand bedeutet, wird bei weniger restriktiven Anwendungen ein Speicherdruckniveau von 35 MPa bevorzugt.  Diese Speicherdrücke beziehen sich auf den Druck bei einer Gastemperatur von 15°C. Da sich die Gastemperatur während des Befüllprozesses verändert, kann der maximale Betriebsdruck deutlich über den Nenndrücken liegen (bis 43,8 MPa bzw. 87,5 MPa)

Speicherkapazität:

Die Kapazität bei Speichersystemen hängt von der spezifischen Anwendung ab. Sogenannte „light-duty“ Anwendungen wie PKW führen Mengen bis zu ca. 6 kgH2 an Bord mit. Bei straßengebundenen Schwerlastanwendungen sind deutlich größere Speicherkapazitäten von beispielsweise 20-40 kgH2 für Busse und LKW oder 60-120 kgH2 für Langstrecken-LKW erforderlich.

Tanktypen für Fahrzeuganwendungen:

Für die Druckspeicherung von gasförmigem Wasserstoff stehen für stationäre und mobile Applikationen vier verschiedene Speichertypen zur Verfügung. Für mobile Anwendungen wird angestrebt, die Wandstärke möglichst gering zu halten, um die gravimetrische Speicherdichte nicht durch die Eigenmasse zu stark zu reduzieren.

Typ I:

Für die Druckspeicherung von gasförmigem Wasserstoff stehen für stationäre und mobile Applikationen vier verschiedene Speichertypen zur Verfügung. Für mobile Anwendungen wird angestrebt, die Wandstärke möglichst gering zu halten, um die gravimetrische Speicherdichte nicht durch die Eigenmasse zu stark zu reduzieren.

Typ II:

Zylinder des Typs II sind mit einer Faserumwicklung im zylindrischen
Bereich der Flasche verstärkt, welche etwa die Hälfte der Druckbeanspruchung der Speicherflasche aufnimmt und das Gewicht im Vergleich zum Typ I um 30-40% verringert. Typ I und Typ II Behälter werden vornehmlich stationär eingesetzt.

Typ III:

Der Typ III Speicher besteht aus einer vollständigen kohlefaserverstärkten Umwicklung, welche etwa 95% der mechanischen Last aufnimmt sowie einem metallischen Innenbehälter (Liner), welcher die Gasdichtheit gewährleistet. Diese Bauweise ermöglicht eine dünne Liner-Wandstärke mit einer daraus folgenden Gewichtsreduktion.

Typ IV:

In Mobilitätsanwendungen hat sich der Typ IV Speicher durchgesetzt. Dessen Liner wird aus geblasenem Kunststoff (Polyamid oder hochfestes Polyethylen) gefertigt. Dies ermöglicht eine kostengünstigere Herstellung und gravimetrische Speicherdichten bis
zu 6% Wasserstoffmassenanteil (Toyota Mirai II). Die Kohlefaserumwicklung hat einen zu berücksichtigenden Einfluss auf das
Temperaturspeicherverhalten. Aktuelle Entwicklungen streben neben der weiteren Kostenreduktion und Gewichtsreduktion auch eine Druckstabilität der Speicher von bis zu 100 MPa an. Der Aufbau der Typ III und Typ IV Speicher ist zylindrisch und symmetrisch. An den halbkugelförmigen Enden ist jeweils ein metallischer Insert, der sogenannte Boss, eingearbeitet. Dieser ermöglicht die Integration von Betankungs-, Entnahme- und Sicherheitsventilen, wobei im Allgemeinen eine Seite verschlossen ist. Im Mobilitätsbereich werden die Speicher immer im Verbund mit der Ventileinheit (On-Tank-Ventil) zugelassen.

Typ V:

Aktuell wird an Faser-Kunststoff-Verbund Speichern geforscht, welche ohne zusätzlichen Liner gefertigt werden, um die Speicherdichte weiter zu erhöhen. Diese sind technologisch noch nicht so weit ausgereift, um in Fahrzeuganwendungen zum Einsatz zu kommen. Die Fertigung von Typ V Speichern ohne Liner ist herausfordernd, da beim Umwickeln die Abstützwirkung fehlt, welche wiederum bei Typ II-IV Speichern mit Linern gegeben ist. Außerdem muss einer Wasserstoffdiffusion, durch die im allgemeinen permeablen Verbundwerkstoffe, auch bei hohen Drücken, minimiert werden. Die nach der UNECE R134 geforderten Berstdrücke von 157,5 MPa bei einem Arbeitsdruck von 70 MPa für den Fahrzeugeinsatz erreichen Typ V Speicher noch nicht. 

Gasregelstrecken im Tanksystem:

Das Flussschema zeigt beispielhafte Gasregelstrecken vom Tankstutzen über On-Tank-Ventile (OTVs) und Wasserstoffspeicher bis zur Schnittstelle zum Anodensubsystem. Reale Lösungen können von der dargestellten abweichen. Das On-Tank-Valve (OTV) wird in die zugängliche Öffnung des Wasserstoffspeichers eingebaut und ist somit die direkte Absperrvorrichtung am Speicher. In Fahrzeuganwendungen werden mindestens ein automatisches Absperrventil, ein Rückschlagventil zur Rückflussverhinderung und ein thermisches Druckentlastungsventil (TPRD) für die Zulassung gefordert. Üblicherweise ist das OTV jedoch ein komplexes System, welches aus einer Vielzahl an einzelnen Funktionseinheiten besteht. Es kann die folgenden Bauteile enthalten:

Manuelle Ventile (1)

Diese ermöglichen in mobilen Anwendungen z.B. eine Entleerung des Tanksystems bei Wartungsarbeiten. Die Befüllung ist immer möglich, außer das manuelle Eingangsventil ist verriegelt. Dieser Fall ist in der Praxis selten möglich, da das Ventil und der Speicher nicht direkt zugänglich sind (z.B. aufgrund von Verkleidungen oder Abdeckungen).

Schaltbares Magnetventil (2)

Dieses zentrale Ventil ermöglicht im Betrieb die Entnahme von Wasserstoff.

Rückschlagventile (3)
Diese verhindern einen unkontrollierten Rückfluss bei der Betankung und gewährleisten, dass eine Betankung immer möglich ist.

Temperatur- & Druckmessstellen (4, 5)
Die Temperaturmessstelle im Speicher dient primär der Überwachung der Gastemperatur im Behälter. Unter Umständen kann die Messstelle ebenso zur Überwachung und Regelung der Betankungsprozedur im Betrieb eingesetzt werden. Druckmessstellen sind zur Überwachung und Regelung des Systems integriert.

Überströmventil (Excess Flow Valve) (6)
Das Überströmventil begrenzt den entnommenen Wasserstoffstrom aus dem Behälter und verhindert eine Entnahme, wenn der Druckunterschied zwischen der Leitung und dem Behälter zu hoch ist (z.B. bei einem Leitungsabriss).

Filter (7)
Mehrere Filter im Tanksystem gewährleisten, dass im Betrieb das Brennstoffzellensystem mit der erforderlichen Wasserstoffreinheit versorgt wird.

Therm. Druckentlastungsventil (TPRD) (8)
Das thermische Druckentlastungsventil (TPRD), ausgeführt als Schmelzventil, dient als Sicherheitseinrichtung bei Temperaturerhöhung (z.B. Brandfall). Somit kann der Wasserstoff kontrolliert abgelassen und ein Bersten des Tanks verhindert werden.

Injektor (9)
Als Injektor bezeichnet man den aus dem Ventilkörper in den Behälter ragenden Strömungsweg. An seinem Ende tritt der Wasserstoff in den Speicher ein bzw. wird diesem entnommen. Im einfachsten Fall ist der Injektor als gerades Rohrstück ausgeführt. Da die Form und Länge einen entscheidenden Einfluss auf die Entwicklung der
Gastemperatur und die Temperaturverteilung im Speicher während der Prozesse haben können, ist der Injektor für einige Anwendung speziell auszulegen und kann mehrfach gebogen und am Ende nach oben abgewinkelt sein.

Weitere Komponenten
Bei der Verwendung mehrerer Tanks werden Verteilerblöcke eingesetzt, welche bei der Betankung die Aufteilung auf die einzelnen Tanks ermöglichen und bei der Entnahme die einzelnen Tankleitungen in die Versorgungsleitung für das Brennstoffzellensystem
bündeln. Vor Eintritt in das Anodensubsystem wird der hohe Tankdruck über eine Druckreduziereinheit (DRE) mit Druckminderer (10) und Überdruckventil (11) auf das Mitteldruckniveau von üblicherweise 5-30 bar reduziert.

Schnittstelle zu Wasserstofftankstellen:

Eine der größten Herausforderungen im praktischen Betrieb von Typ IV Speichern ist, dass sich der Wasserstoff beim Betankungsvorgang
und der hierbei stattfindenden Komprimierung im Tank zunehmend erhitzt, das Linermaterial hingegen nur eine maximale Betriebstemperatur
aufweist, welche bei schnellen Betankungsvorgängen schnell erreicht wird. Die Wärmeleitfähigkeit der Tankmaterialien
im Verbund ist dabei relativ niedrig, hierdurch begrenzt die damit erreichbare Wärmeabfuhr an die Umgebung meist die Betankungsgeschwindigkeit.
Dies hängt u.a. von der Prozessgeschwindigkeit sowie den Start- und Umgebungsbedingungen ab. Im Mobilitätsbereich
sind die Speicher für einen Temperaturbereich von 40 °C bis +85 °C zugelassen. Bei der Befüllung kommen spezielle Protokolle zum Einsatz, die so
konzipiert sind, dass die obere Grenze nicht überschritten wird. Der derzeitige Standard hierfür ist die SAE J2601. Die Befüllprotokolle
sowie die Temperaturentwicklung in den Speichern und den Speichersystemen ist derzeit Gegenstand zahlreicher Untersuchungen
und Entwicklungen. Gerade in Bezug auf Schwerlastanwendungen gehen die Anforderungen an diese Protokolle stark auseinander und können sich individuell unterscheiden. Für PKW-Anwendungen bei 70 MPa sind aktuell maximale Befüllgeschwindigkeiten von 60 g/s, bei 35 MPa Anwendungen bis zu 120 g/s möglich.  Für Langstrecken-LKW mit 70 MPa Speicherdruck und Tanksystemen von zum Teil über 100 kg Kapazität werden Massenströme von bis zu 300 g/s gefordert. Dies wird unter anderem im EU-Projekt „RHeaDHy“ getestet.

Literatur:

[1] M. Jenne, L. Jörissen und M. Schilling. „Wissen Kompakt: Potenziale in der Wasserstoff-Tankstellentechnologie.“ Zugriff am: 19. August 2024.
[2] L. Jörissen, M. Jenne und M. Schilling. „Wissen Kompakt: Potenziale in der mobilen H2-Speichertechnologie.“ Zugriff am: 19. August 2024.

[3] SAE J2601. Fueling Protocols for Light Duty Gaseous Hydrogen Surface Vehicles, SAE J2601, SAE International, Dez. 2016. [Online]. Verfügbar unter: https://www.sae.org/
[4] R. Moradi und K. M. Groth, „Hydrogen storage and delivery: Review of the state of the art technologies and risk and reliability analysis,“ International Journal of Hydrogen Energy, Jg. 44, Nr. 23, S. 12254–12269, 2019, doi: 10.1016/j.ijhydene.2019.03.041.
[5] H. Barthelemy, M. Weber und F. Barbier, „Hydrogen storage: Recent improvements and industrial perspectives,“ International Journal of Hydrogen Energy, Jg. 42, Nr. 11, S.
7254–7262, 2017, doi: 10.1016/j.ijhydene.2016.03.178. 

[6] A. Müller, H. Reinwald, R. Lehrl und J. Schaub, „Tanksteuerung für betriebssichere Wasserstofffahrzeuge und -maschinen,“ MTZ, 2024.
[7] Y. Su, H. Lv, W. Zhou und C. Zhang, „Review of the Hydrogen Permeability of the Liner Material of Type IV On-Board Hydrogen Storage Tank,“ WEVJ, Jg. 12, Nr. 3, S. 130, 2021,
doi: 10.3390/wevj12030130. 

[8] United Nations Economic Commission for Europe (United Nations Economic and Social Council), Regelung Nr. 134 der Wirtschaftskommission der Vereinten Nationen für Europa (UNECE) — Einheitliche Bestimmungen für die Genehmigung von Kraftfahrzeugen und Kraftfahrzeugbauteilen hinsichtlich der sicherheitsrelevanten Eigenschaften von mit Wasserstoff und Brennstoffzellen betriebenen Fahrzeugen (HFCV) [2019/ 795].

[9] A. Air, M. Shamsuddoha und B. Gangadhara Prusty, „A review of Type V composite pressure vessels and automated fibre placement based manufacturing,“ Composites Part
B: Engineering, Jg. 253, S. 110573, 2023, doi: 10.1016/j.compositesb.2023.110573. 

[10] K. Mallick, J. Cronin, P. Fabian und M. Tupper, „MICROCRACK RESISTANT POLYMERS ENABLING LIGHTWEIGHT COMPOSITE HYDROGEN STORAGE VESSELS,“ Materials
Challenges in Alternative and Renewable Energy, 2011.

[11] D. Melideo, D. Baraldi, N. De Miguel Echevarria und B. Acosta Ibora, „EFFECTS OF THE INJECTOR DIRECTION ON THE TEMPERATURE DISTRIBUTION DURING FILLING OF
HYDROGEN TANKS,“ in ICHS2017 – 7th International Conference on Hydrogen Safety, 11-13 September 2017, Hamburg – Germany.
[12] A. Kampker und H. H. Heimes, Elektromobilität. Berlin, Heidelberg: Springer Berlin Heidelberg, 2024.
[13] M. Klell, H. Eichlseder und A. Trattner, Wasserstoff in der Fahrzeugtechnik. Wiesbaden: Springer Fachmedien Wiesbaden, 2018.
[14] SAE 2601-5: High-Flow Prescriptive Fueling Protocols for Gaseous Hydrogen Powered Medium and Heavy-Duty Vehicles 2024-02, SAE 2601 – 5, SAE International, Feb. 2024. [Online]. Verfügbar unter: https://www.sae.org/
[15] RHeaDHy. „Want to know more about the RHeaDHy project?“ Zugriff am: 21. August 2024. [Online.] Verfügbar: https://rheadhy.eu/about-rheadhy/