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Wasserstoffwertschöpfungskette

Wasserstoffwertschöpfung:

[1]    T. von Unwerth et al., „Wertschöpfungspotenziale von Wasserstoff für Sachsen: Potenzialstudie mit Akteurs- und Marktanalyse zu Wasserstofftechnologien und Brennstoffzellen für Sachsen,“ 2021.

Die Wasserstoffwertschöpfungskette beschreibt die unterschiedlichen möglichen Pfade von der Primärenergieerzeugung beispielsweise mittels Erneuerbarer Energien (z.B. Solar- und Windenergie), Kernenergie oder fossiler Energieträger über die Wasserstoffgewinnung, den Transport und die Speicherung bis hin zur Endanwendung des Wasserstoffs. Aktuell wird ein Großteil des Wasserstoffs noch über fossile Energieträger beispielsweise mittels Pyrolyse (Aufspaltung von wasserstoffhaltigen Verbindungen unter hohen Temperaturen), Carbon Capture (Kohlenstoff wird unter hohen Energieaufkommen vom Ausgangsprodukt getrennt und gespeichert oder direkt für die Weiterverarbeitung genutzt) oder Dampfreformierung (Reaktion von Erdgas mit Wasserdampf unter Energiezufuhr zu Wasserstoff und Kohlenstoffdioxid mit integrierter Shiftreaktion) gewonnen. Als zukünftige Alternative bietet sich die Elektrolyse zur Gewinnung des Wasserstoffs an, welche Wasser unter Zufuhr von elektrischer Energie in Wasserstoff und Sauerstoff spaltet. Die elektrische Energie kann dabei aus den bereits genannten Primärenergieträgern gewonnen werden. Von besonderem Interesse ist dabei die Erzeugung der elektrischen Energie durch erneuerbare Energien. Dadurch kann ein Ausstoß klimaschädlicher Treibhausgase vermieden und Überhangsenergie aus erneuerbaren Energien genutzt werden.

Mit der Implementierung als Energieträger für eine Dekarbonisierung unterschiedlicher Anwendungsfelder müssen Transportwege geschaffen werden. Die drei erprobtesten Verfahren sind: Gastransport mit Fahrzeugen, Pipelines und Flüssigtransporte in so genannten Trailern. Der Transport mit Gasflaschen via LKW oder Schienenfahrzeugen ist aktuell der favorisierte Weg für die Erschließung der letzten Meile. Durch die Zustandsveränderung in Liquid Hydrogen – flüssiger Wasserstoff – kann die transportierte H2-Masse angehoben werden. Dagegen spricht der hohe Energieaufwand, da Flüssigwasserstoff auf -253 °C in Kryotanks (spezielle Isolierung) gespeichert werden muss. Die leitungsgebundene Variante ist der Transport über Pipelines. Insgesamt gilt der Pipeline Transport als effizienteste Transportmethode für längere Strecken.

Im erweiterten Sinn können Trailer oder Pipelines als vorübergehende Speichermedien bezeichnet werden. Eine Druckgasspeicherung geschieht per Überdruck; der Druck variiert je nach eingesetztem Behälter oder Tank nach Einsatzgebiet. Um auf Lastern Gewicht zu sparen sind die heutigen Gasdruckbehälter aus Verbundmaterialien (bspw. Aluminium und Kohle-Glasfasern) gefertigt. Für eine großskalige Speicherung wird aktuell z.B. die Nutzung von Salzkavernen untersucht. Die Flüssigwasserstoffspeicherung wurde im letzten Abschnitt im Rahmen der Kryotanks auf Trailern angesprochen. Metalllegierungen können ebenfalls zu Speicherung von Wasserstoff dienen, diese Speicherart wird als Metallhydridspeicher bezeichnet. Das Metall absorbiert den Wasserstoff, bei der anschließenden Trennung kann der Wasserstoff durch Wärmezufuhr wieder gelöst werden. Vorteile sind die Speicherkapazität, ein erheblicher Überdruck ist nicht nötig und die reinigende Wirkung auf H2. Nachteile sind das hohe Gewicht und die Materialkosten der Metalle.

Ist der Wasserstoff an die Endanwender transportiert können diese den Energieträger unterschiedlich nutzen.

In der Endanwendung kann Wasserstoff zur Energieversorgung industrieller Anlagen und Wohngebäuden genutzt werden, ebenso wie zur Rückverstromung, um Schwankungen im Stromnetz vor allem bei einem wachsenden Anteil erneuerbarer Energien auszugleichen und zur Notstromversorgung in unterschiedlichen Anwendungen. Ein weiterer großer Anwendungsbereich, welcher im Fokus des cH2ance Projektes liegt, ist der Mobilitätssektor, wo Wasserstoff als alternativer Treibstoff eingesetzt werden kann. Die Umsetzung kann als elektrisches Fahrzeug mit einer Brennstoffzelle, als verbrennungsmotorischer Antrieb mit Wasserstoffmotor oder als Hybride Lösung mit konventionellen Verbrennungsmotor und Brennstoffzelle als Range Extender erfolgen, wobei die ersten beiden Varianten aktuell im Fokus der Entwicklung stehen. Des Weiteren kann der erzeugte Wasserstoff stofflich zur Herstellung von Folgeprodukten verwendet werden. Dazu zählen zum Beispiel synthetische Kraftstoffe, welche ebenso als Treibstoffe in Mobilitätsanwendungen eingesetzt werden können.

Entlang dieser Pfade von der Primärenergieerzeugung bis zur Endanwendung des Wasserstoffs ergeben sich Wertschöpfungspotentiale. Die Artverwandtschaft der erforderlichen Prozesse und Produkte von der Erzeugung bis zur Endanwendung im Vergleich zu konventionellen Produkten der Energietechnik eröffnet das Potenzial, vorhandene Kompetenzen auf die Wasserstoffwertschöpfungskette anzupassen. Es bilden sich so neue Zuliefererstrukturen und Netzwerke von Unternehmen heraus.

Produktwertschöpfung:

Die Produktwertschöpfung kann, wie in Abbildung 2 dargestellt, mittels eines top-down-Ansatzes betrachtet werden, d. h. von der übergeordneten, abstrahierten Ebene der Wasserstofftechnologien (Erzeugung bis zur Anwendung) hinunter zu den Komponenten, Materialien und Verfahren, die wiederum in der gesamten Wertschöpfungskette benötigt werden. Die einzelnen Bereiche der Kette können zunächst auf eine Systemebene aufgeschlüsselt werden, auf der sich partiell auch Montageanlagen und Geräte wieder finden, die nicht ausschließlich für Wasserstoffanwendungen entwickelt wurden. Damit bietet sich ein erhebliches Potenzial, Entwicklungsrisiken zu minimieren, indem ein breiteres Anwendungsfeld für die Produktionskette zur Verfügung steht. Die Basis bildet die unterste Ebene der Komponenten, Prozesse und grundlegender Aufgabenstellungen wie Materialien und Arbeitsprozesse, Qualitätssicherung und F&E sowie die damit verbundenen Begleitthemen. Auch die Grundlagen- und anwendungsorientierte Forschung sind Teil dieser Ebene, wobei diese über den Transfer von neuen Ideen und Forschungsergebnissen bis auf die oberste Ebene zu neuen Prozessen und Produkten sowohl für die Erzeugung als auch für Verteilung und Anwendung von Wasserstoff Einfluss haben kann.

Produktwertschöpfung am Beispiel mobile FC-Anwendung:

Vorteilhaft für Unternehmen der Automobil- und Zulieferindustrie ist, dass konventionelle verbrennungsmotorische Antriebssystem (ICE – Internal Combustion Engine) und dass des Brennstoffzellenfahrzeuges (FCEV – Fuel Cell Electric Vehicle) sich ähnlich sind. Jeweils muss ein Brenn- bzw. Reaktionsmedium mit Fördereinheiten (z.B. Pumpen und Verdichter) zugeführt werden, ein Thermomanage­ment (Kühlkreislauf), verfahrenstechnische Komponenten (Sensorik, Filter, Ventile und Regler) werden benötigt. Für diese Komponenten bedeutet es, das die Kompetenzen und Produkte sowie Verfahren für die Herstellung übernommen werden können aber an die funktionalen Bedingungen (z.B.: Dimensionierung, Material, geforderte Parameter) des Brennstoffzellensystems angepasst werden müssen. Die folgenden Fließschema zeigen die gemeinsamen sowie  abweichenden Systembestandteile das für ICE und FCEV-Antriebssystem.

Die Peripheriekomponenten (Fördereinheiten, Aufbereitungskomponenten, Komponenten zur Konditionierung), mechanische und elektrische Leitungstechnik, Sensorik und Regelungshardware, Software und Brennstoffzellenkomponenten sind für die Bandbreite von FC-Anwendungen mit unterschiedlicher Dimensionierungsgröße und Performance auf einem Stand, wo derzeit noch Entwicklungsbedarf besteht. Hier besteht die Chance für die Automobil- und Zulieferindustrie, bestehende Kompetenzen für neue Produktentwicklung für FCEVs zu übertragen und sich für die Zukunft weitsichtig im Markt zu positionieren.